Sonntag, 19. März 2017

Minimalismus - Weniger ist mehr!

Ahoy ihr Lieben!


Ich melde mich nach einer kleinen Pause wieder zurück mit meinem angekündigten Artikel über Minimalismus. In unser heutigen Gesellschaft ist man täglich von Massen an Informationen, Produkten und Kontakten (z.B. über das Handy) umgeben. Viele Menschen fühlen sich überfordert, sind unkonzentriert, gestresst und in einem "Hamsterrad" gefangen. Mir wurde manchmal schon schwindelig in fremden Supermärkten, weil mich die schier exorbitante Menge an Produkten visuell überforderte.

Ich möchte euch den Weg eines einfachen, konsumkritischen Lebens zeigen, die damit verbundenen Möglichkeiten und Freiheiten vorstellen, die unsere Gesellschaft erreichen kann und teilweise meine persönlichen Erfahrungen einbringen, da ich durch Loslassen und Aussortieren von materiellen Dingen, Beziehungen und Informationsüberfluss mehr Ruhe und Gelassenheit in mein Leben bringen konnte. Weil ich mich momentan darüber hinaus mit Zero Waste beschäftige, werde ich ein wenig davon berichten, wenn es thematisch passend ist.

Minimalismus kann beispielsweise so definiert werden:

Minimalismus "...bezeichnet einen Lebensstil, der sich als Alternative zur konsumorientierten Überflussgesellschaft sieht. Seine Anhänger versuchen, durch Konsumverzicht Alltagszwängen entgegenzuwirken und dadurch ein selbstbestimmteres, erfüllteres Leben zu führen.“ ¹


Viele Dinge, sowohl materieller als auch immaterieller Art, können (finanzielle) Anhängigkeiten schaffen und so Stress und Unfreiheit verursachen. Beispiele hierfür wären ein Auto, dass abbezahlt wird oder eine Vielzahl an abgeschlossenen Versicherungen. Wenn man teure Konsumgüter bezahlen muss oder in Vertragsabhängigkeiten steckt, kann man sich z.B. aus unbefriedigenden Arbeitsverhältnissen schwerer lösen, da man auf sein Gehalt angewiesen ist oder man hat so hohe Fixkosten, dass die erwirtschafteten Finanzen nur beschränkt genutzt werden können.

Um mehr zu verdienen und sich mehr "gönnen" zu können, bzw. sich vermeintliche Freiheit zu erkaufen, wird die Karriereleiter erklommen und so landet man in einem Teufelskreis aus höheren Arbeitszeiten, größeren finanziellen Möglichkeiten, steigendem Konsum, aber auch größeren Abhängigkeiten, die, erst einmal aufgebaut, nicht so leicht zu revidieren sind. Nicht selten erleiden Menschen mit einem so hohen Lebenstempo Depressionen oder Burnout. Dies ist mittlerweile Gang und Gäbe in unserer Leistungsgesellschaft.²

Minimalisten fragen sich: ist diese gängige Art zu leben erstrebenswert? ...und nicht nur hinsichtlich der eigenen psychischen und physischen Gesundheit. Generell liegt der Fokus auf dem großen Ganzen, z.B. auf alternativen Formen des Zusammenlebens abseits der Wachstumsgesellschaft, auf der nachhaltigen Herstellung von Gütern, auf gemeinschaftlichen Praktiken wie Tauschen, Reparieren, DIY und kollektiver Nutzung sowie einem verträglichen Umgang mit der Umwelt, die durch den Raubbau und die Expansion des kapitalistischen Wirtschaftssystems immer weiter zerstört wird.

Minimalismus kann über Mengen definiert werden, z.B. kann man sich als Minimalist_in hinsichtlich folgender Bereiche "einschränken" und dadurch mehr Freiheit erlangen (was sich erst einmal gegensätzlich anhört, aber meiner Erfahrung nach wunderbar funktioniert):


1.) Die Menge an materiellen Gütern reduzieren, z.B.:

  • Bücher, die man ewig nicht gelesen hat
  • CDs, die im Schrank verstauben 
  • ein Auto, dass durch Fahrrad oder öffentliche Verkehrsmittel ersetzt werden kann
  • die Menge an Lebensmitteln, die man wöchentlich einkauft und von denen 1/3 ungenutzt oder verdorben in Mülleimer landet
  • die vielen Pflegeprodukte, die seit 3 Jahren im Schrank stehen, weil man sie vielleicht nochmal braucht oder der Beutel mit 34 verschiedenen Nagellacken, die teilweise schon vertrocknet sind
  • die 15 T-Shirts, die man immer wieder vergisst, weil sie unter den 10 neuen Lieblings-Shirts liegen

    Tipps zur Reduktion:

    • Kaufe achtsam ein und überlege lieber zweimal, ob du den neuen Gegenstand wirklich benötigst.
    • Repariere alte Gegenstände, bevor du sie einfach weg wirfst und dir neue zulegst, das spart Ressourcen und schon die Umwelt.
    • Tausche ggf. (z.B. Handwerkszeug) mit Mitbewohner_innen, Nachbar_innen, Freund_innen oder Familie. Nicht jeder muss eine Bohrmaschine besitzen, da solche Gegenstände normalerweise selten verwendet werden.
    • Bringe aussortierte Bücher, CDs, Kleidungsstücke, etc. zum Flohmarkt (oder verkaufe sie übers Internet), spende sie an Sozialkaufhäuser oder Tauschbörsen. Andere Menschen freuen sich sicher über diese Dinge.
    • Plane deine Wocheneinkäufe und kaufe lieber etwas zu wenig ein, als zuviel. So verdirbt nichts und du hast keinen Stress täglich überlegen zu müssen, was du kochst.
    • Brauchst du wirklich die 3 Deos, 10 Nagellacke, 5 Liedschatten und 6 Lippenstifte? Brauche Pflegeprodukte auf, bevor du neue kaufst und versuche Impulskäufen zu widerstehen. Ich nutze mittlerweile Olivenölseife und Olivenöl für meine Gesichtspflege (plastikfrei, kostengünstig und lange Nutzungsdauer) und Kokosöl mit Natron als Deo (Kokosöl im großen Glas, Natron aus der Apotheke). So spare ich Verpackungsmaterial und muss nur selten neu einkaufen, da die genannten Produkte ewig halten. Ich hatte selten glattere Haut, als mit Olivenöl und Konjacschwamm (wenn man mal von jüngeren Jahren absieht ;-)). 
    • Miete eine kleine Wohnung, anstatt ein riesiges Haus. Du sparst unglaublich viel Geld & Ressourcen! Ich persönlich fühle mich in meinem WG-Zimmer deutlich wohler, als in einem riesigen Haus mit Sauna und Garten. Ich könnte mir aus durchaus vorstellen, auf einen Bauwagenplatz zu ziehen. Weniger ist auf jeden Fall mehr, finde ich! :-)
    • Sammle weggeworfene Lebensmittel oder erfrage bei Läden, ob du die abgelaufenen Produkte haben kannst und tausche sie (z.B. hier: https://foodsharing.de/). So wird weniger verschwendet oder landet in der Mülltonne.

    2.) Die Menge an Kommunikation und sozialer Interaktion reduzieren, z.B.:

    • Nutze facebook, um dich z.B. über Veranstaltungen oder wichtige Themen zu informieren, aber surfe nicht stundenlang durch Profile. Es gibt sicher schönere Aktivitäten.
    • Du kannst deine Messenger Apps auf stumm stellen und nicht bei jedem Klingeln das Handy rausholen. Sonst konditionierst du dich, nach dem "Willen" deines Handys zu tanzen und wer ist schon gern ein Sklave der Technik? ;-)
    • Sich mit Freunden zu treffen, sich dann auch wirklich Zeit für Gespräche zu nehmen und nicht von einem Termin zum nächsten zu hetzen oder dabei noch ständig auf das Handy zu schauen, ist eine wichtige Quelle, um Energie zu schöpfen und authentische Beziehungen aufzubauen. 
    • Intensive Freundschaften zu pflegen, anstatt viele oberflächliche Kontakte zu haben (vielleicht eher für introvertierte Menschen interessant), kann sehr befreiend sein. Im Zusammenspiel mit der Reduktion der Handynutzung, kann es zu mehr Konzentration und einem niedrigen Stresslevel führen.

    3.) Die Menge an einströmenden Informationen generell reduzieren, z.B.:

    • Du kannst Newsletter, die das Postfach "zumüllen", deabonnieren, Liest du sie wirklich oder sind sie einfach Überbleibsel, die dich nur nerven?
    • Ebenfalls kannst Du Zeitungen und Zeitschriften deabonnieren, und so auch noch Papier sparen.
    • Kennzeichne deinen Briefkasten, so dass du keine Werbung erhältst und reduziere weiter Informationsüberfluss und Müll.
    • Deine Kontoauszüge und Rechnungen kannst du online erhalten. Du sparst Geld und Papier, wenn du sie nicht mehr ausdruckst oder dir zusenden lässt.
    • Ein aufgeräumter Desktop und Schreibtisch können helfen, Klarheit und optische Ruhe zu schaffen. So findest du schnell gesuchte Dateien oder Dinge und kannst dich ganz auf deine Arbeit konzentrieren (mal abgesehen von einem durchaus notwendigen kreativen Chaos, das manchmal herrschen sollte ;-)). 

    4.) Die Menge an Arbeit reduzieren

    • Weniger Konsum und weniger Fixkosten (wenn du z.B. ein paar der Tipps oben ausprobierst) ermöglichen geringere Arbeitszeiten und somit mehr Freiraum für private Aktivitäten.


    In unserer heutigen Gesellschaft sind wir im Normalfall noch abhängig von Lohnarbeit und Zahlungsmitteln, da nur wenige Menschen ganz ohne Geld (http://www.raphaelfellmer.de/buch-gluecklich-ohne-geld/) auskommen. Wenn wir nicht in der Abhängigkeit zum Arbeitsamt leben, dann in der zum Gehalt, bzw. Arbeitgeber. Wir verbringen den Großteil unserer Zeit mit Arbeit, um uns "Freiheit" zu erkaufen.


    Die Vorstellung einer Gesellschaft, in der alle Individuen ohne Geld leben könnten, ihre Fähigkeiten und Gegenstände gemeinsam nutzen und miteinander tauschen ohne Besitzansprüche, ist momentan noch Zukunftsmusik, wird aber schon im Kleinen erfolgreich gelebt, z.B. in Wohnprojekten und kollektiven Freiräumen. Wäre es nicht schön, wenn wir uns aussuchen könnten ob und wie viel wir arbeiten wollen? 30-Stunden-Woche Tests in Schweden³ sind schon ein Anfang, aber es wird noch dauern, bis wir uns vom Leistungszwang und finanziellen Druck des Kapitalismus befreit haben. 

    Dass dieser mit dem stetigen Wachstum und Raubbau keine Alternative mehr darstellt, ist schon lange klar, nur ändert keiner der Politiker radikal etwas daran. Alle machen mehr oder weniger munter weiter, als gäbe es keine Umweltzerstörung in diesem Ausmaß und Ausbeutung in jeder Ecke unseres Planeten. Ich denke, ein guter Weg etwas zu verändern liegt darin, selbst sein Handeln zu verändern, alternative Lebensentwürfe auszuprobieren und vorzuleben, kritisch zu konsumieren und so die Nachfrage zu beeinflussen, Menschen zum nachdenken zu bewegen und gemeinsam zu eine Wandel in der Gesellschaft beizutragen. 

    Wenn man betrachtet, wie bekannt und verbreitet die friedliche Lebensweise des Veganismus mittlerweile ist, dann ist der Weg zu einem friedlichen, gleichberechtigten Zusammenleben ohne Leistungs- und Finanzdruck, Ausbeutung, Konsumrausch und Umweltzerstörung nicht mehr so weit!


    Buchtipps:

    Harald Welzer: Selbst denken - Eine Anleitung zum Widerstand

    Nico Paech: Befreiung vom Überfluss - Auf dem Weg in die Postwachstumsökonomie


    1. Wikipedia: Einfaches Leben. https://de.wikipedia.org/wiki/Einfaches_Leben (Abgerufen am 19.03.2017)

    2. dpa: Zahl der Burn-out-Erkrankungen steigt. http://www.zeit.de/karriere/2011-04/burn-out-erkrankungen (Abgerufen am 19.03.2017)

    3. Diem, Viola: Zwei Stunden mehr Leben. http://www.zeit.de/campus/2016/05/arbeiten-sechs-stunden-tag-test-schweden (Aufgerufen am 19.03.2017)

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